Bevölkerungslisten

eine wertvolle Quelle für die historische Forschung

________________________________________________________________________________

Stadtarchiv Euskirchen Bestand EU I Nr. 294 (Bevölkerungsliste von 1801)
Stadtarchiv Euskirchen Bestand EU I Nr. 294 (Bevölkerungsliste von 1801)

________________________________________________________________________________

 

Bevölkerungserhebungen haben eine lange Tradition. Als wertvolle Quelle für die Geschichts-forschung wurden die daraus entstandenen Bevölkerungslisten aber erst vor relativ kurzer Zeit ent-deckt. Auf den ersten Blick scheinen solche Bevölkerungslisten nicht viel mehr als eine Ansamm-lung von nüchternen Daten und Fakten zu sein. Bei genauerer Betrachtung dagegen ermöglichen sie vielfältige Rückschlüsse über das Leben in vergangenen Zeiten. Das Ausmaß an Erkenntnissen, das sich aus der Analyse von Bevölkerungslisten gewinnen lässt, hängt natürlich davon ab, in wel-chem Umfang und in welcher Detailliertheit Informationen erhoben wurden. In dieser Hinsicht heben sich die Bevölkerungslisten, die in französischer Zeit angefertigt wurden, von früheren Listen ab. Während früher nur bestimmte Personengruppen wie z. B. Neubürger, Steuerzahler oder Familien-vorstände erfasst wurden, enthalten die Bevölkerungslisten aus französischer Zeit alle Personen einer Familie mit Namen, Alter, Beruf, Familienstand u. U. auch mit dem Herkunftsort, dem Zuwan-derungsjahr und der Konfession. Dies stand im Einklang mit dem neuartigen Staatsverständnis, das die Franzosen mit in das Rheinland brachten. Eine effiziente Verwaltung erfordert genaue Kennt-nisse über die Bevölkerungsstruktur. So dienten die Bevölkerungslisten u. A. einer wirksamen Steuererhebung, gleichzeitig unterstützten sie auch unmittelbar militärische Zwecke: Sie gaben Aus-kunft über Männer im wehrfähigen Alter und stellten damit die Grundlage für die sog. Aushebungen dar. Die meisten von mir ausgewerteten Bevölkerungslisten stammen aus französischer Zeit. Auch in späteren Jahren wurden in regelmäßigen Abständen Bevölkerungserhebungen durchgeführt. So wurde z. B. seit Inkrafttreten des Deutschen Zollvereins im Jahre 1834 mit Hilfe von Bevölkerungs-erhebungen alle drei Jahre die „Zollabrechnungsbevölkerung“ ermittelt. Dies war notwendig, weil die Zollerträge nach der tatsächlichen Bevölkerungszahl und nicht nach dem Außenhandelsvolumen der einzelnen Staaten verteilt wurden. Vier Listen aus dieser Zeit liegen u. A. der Längsschnittunter-suchung über die Entwicklung der Bevölkerungs- und Sozialstruktur der Stadt Euskirchen zugrunde.

 

 

Heute profitieren wir von der Genauigkeit, mit der die Bevölkerung im Rheinland erfasst wurde. Dadurch sind wir in der Lage, genaue Aussagen zu treffen über die Altersstruktur der damaligen Bevölkerung, über das Heiratsverhalten, über die Berufsstruktur, über die Mobilität der damaligen Menschen, ihre soziale Stellung und vieles mehr. Bevölkerungslisten sind damit mehr als die bloße Aufzählung der Bewohner eines Ortes, sie stellen eine wertvolle historische Quelle dar, die interessante und detaillierte Einblicke in die Bevölkerungs- und Sozialstruktur der Menschen der damaligen Zeit gewähren. Aber auch für Genealogen, deren Interesse sich mehr auf einzelne Personen als auf das Gesamtbild der damaligen Zeit richtet, stellen die von mir bearbeiteten Bevölkerungslisten eine wichtige Informationsquelle dar.

 

________________________________________________________________________________